Streiflichter zur Geschichte Tusziens

von der Zeit der Etrusker bis zum Ende des Herzogtums Castro

(Text: Piero Bruni - Übersetzung: Heidrun Böker)

 

Tuszien umfasst die Zone, die im Norden von Lazium an die südliche Toskana anschließt und im Nord-Osten von Umbrien begrenzt wird.

Italien wurde nach der römischen Zeit zum Eroberungsgebiet, und besonders Tuszien war lange ein Streitapfel zwischen Papst, deutschem Kaiser und dem König von Frankreich. Viterbo und Orvieto, oft selbst miteinander zerstritten, sind die Städte, die hauptsächlich in diese Auseinandersetzungen verwickelt waren. Der Felsen von Montefiascone war, wegen seiner beherrschenden und verteidigungsgünstigen Lage, ständig das Generalquartier von Truppen, die, je nachdem, wer gerade siegte, zur Kirche oder zu den Invasoren gehörten.

Tuszien ist vulkanischen Ursprungs. Fast alle seine historischen Zentren sind aus Tuffstein und auf Tuffstein gebaut: Pitigliano, Sovana, Tuscania, Orvieto, Civita di Bagnoregio, usw. Sie sind ein großes kulturelles Erbe, und sie haben ihre mittelalterlichen Strukturen unbeschädigt in perfekter Harmonie mit der Umgebung bewahrt. Man spricht von ``Tuffstein-Kultur``.

Der Vulkan

(seit 2 Millionen Jahren)

Zentralitalien, das bis dahin vom Meer bedeckt war, wurde, vor zwei Millionen Jahren, durch tektonische Faltung gehoben. Vor ca. 600 000 Jahren wurden in unserer Region die aufgetauchten Meeresablagerungen von mehr als hundert Vulkanen zerrissen. Aus ihnen strömte mit Wucht eine enorme Menge vulkanischer Materie, die weite Gebiete zwischen den Flüssen Paglia, Tiber und Fiora bedeckte. Die vulkanische Tätigkeit im sogenannten Vulsino war vorwiegend explosiv. Der Auswurf enthielt wenig Lava, aber viel Asche und Lavabrocken. Das Auswerfen dieser vulkanischen Masse leerte die magmatische Kammer. Durch das Gewicht des außen angehäuften Materials stürzte die Oberfläche ein, und es entstand eine Wanne, die man Caldera nennt. Diese Wanne füllte sich nach und nach mit Regenwasser, und so entstand der Lago di Bolsena.

Weitere Seen vulkanischen Ursprungs in Tuszien sind die Seen Vico, Mezzano, Monterosi, südlich in der Provinz Rom die Seen Mantignano, Bracciano, Nemi und Albano. Im Norden, in der Toskana, hat sich die Vulkantätigkeit um den Monte Amiata herum abgespielt. Die Thermen von Saturnia, die Tufffelsen von Pitigliano, Sovana, usw. sind ebenfalls Zeugen früherer vulkanischer Tätigkeit.

Die Höhe der vulkanischen Krater rund um den Lago di Bolsena war wegen der geringen Menge Lava, die an den Kraterhängen herabfiel, mäßig. Die Asche wurde weit hinaus geschleudert und bildete eine Schicht von einigen zehn Metern. Sie verfestigte sich im Laufe von Tausenden von Jahren und wurde zu Tuffstein. Es ist das Gestein, mit dem am Ende jener ferner Zeiten, alle menschlichen Ansiedlungen in dieser Gegend gebaut worden sind. Härteres vulkanisches Gestein sind Peperin, ``Nenfro``, Basalt, poröses Bimsstein und Lapill.

Über dem dicken, aus Meerestiefen stammenden, Tuffstein erheben sich noch gut sichtbar zahlreiche Krater wie z. B. Montefiascone, Capodimonte und die Inseln des Lago di Bolsena. Darüber hinaus sind die Hügel aus Lapill wie Valentano und Monte Calvo (der äußerste Krater westlich des vulkanischen Bereichs) bemerkenswert.

Bei nachlassender vulkanischer Aktivität wuchsen allmählich überall Pflanzen. Mit ihnen kamen die pflanzenfressenden Tiere (unter ihnen die Elefanten, wie ein Stoßzahn beweist, der heute im Museum von Valentano aufbewahrt wird), dann die fleischfressenden und schließlich die Menschen.

Die Erosion des Regenwassers

(seit 600 000 Jahren)

Regenwasser hat das Territorium modelliert, das aus weichem Tuffstein besteht. Die Flüsse schnitten sich langsam immer tiefer ein. Sie formten weite Täler und tiefe Rinnen, die mit einer gewissen Übertreibung als ``Schluchten`` bezeichnet werden. Darum ist unsere Landschaft ``das Land der Schluchten und Seen`` genannt worden.

Die Flüsse, wie wir sie heute sehen, z. B. Olpeta, Lente und Fiora sind unbedeutende Rinnsale im Verhältnis zur Größe und Tiefe der Schluchten, in denen sie fließen. Ein augenfälliges Zeichen dafür, dass ihre Wasserführung im Laufe der vorausgegangenen Hunderttausende von Jahren sehr viel mächtiger und wilder gewesen ist. Wir haben keine ausreichenden Zeugnisse jener weit zurückliegenden Zeit. Wenn man jedoch die relativ kurz zurückliegenden Ereignisse bedenkt und den Lago di Bolsena mit einem riesigen Regenmesser gleichsetzt, stellt man auf Grund von Erosionen fest, dass vor 13 000 Jahren (die Epoche, in die manche die Sintflut datieren) der Wasserspiegel viel höher war als heute, um ca. 15 m. Das ist ein Indiz dafür, dass wesentlich mehr Regen gefallen ist, und dass die Flüsse infolgedessen viel ungestümer waren.

Die Lavareliefs, zusammen mit den tief eingegrabenen Flussbetten, haben dem Land eine besondere Boden-beschaffenheit verliehen. Diese hat am Ende der ältesten Zeiten die Lage eines großen Teils der heute bewohnten Zentren bestimmt.

Die Ansiedlungen wurden in der Nähe von Wasser und fruchtbaren Böden gebaut und unter dem Gesichtspunkt leichter Verteidigung. Deshalb wurden hochgelegenen Zonen über den Tuffgräben bevorzugt. Sie zeigen die Form eines Schiffsbugs, die sich durch das Ineinanderfließen zweier Flüsse ergibt. Dafür finden sich viele Beispiele: Pitigliano, Sorano, Farnese, Ischia di Castro, Orvieto, das zerstörte Castro, usw. Auch die vulkanischen Kegel wie zum Beispiel Montefiascone, Valentano, Capodimonte und viele andere, waren günstig zu verteidigen. Im Laufe der Jahrhunderte änderten sich die Ansprüche an die Verteidigung nicht, weshalb die bewohnten Zentren an den gleichen Orten geblieben sind, die von den ersten Bewohnern ausgewählt worden waren. Wenn diese Orte aus irgendeinem Grund zerstört wurden, wurden sie dort wieder aufgebaut, wo das Material der alten Gebäude geborgen wurde. Die bewohnten Zentren sind im Großen und Ganzen unangetastet geblieben und haben ihre mittelalterliche Struktur bewahrt.

Die Natur hat sich dagegen sehr verändert. Viele der alten Wälder sind abgeholzt worden, um Platz für die Landwirtschaft zu schaffen. Einige ansehnliche Beispiele sind jedoch erhalten: Das Cimini-Gebirge, das Castrogebirge, der Monte Rufeno und der Selva del Lamone. In letzterem erschwert eine ungeheure Menge vulkanischer Steine den Zugang.

Die Etrusker

(Vom X bis III Jh. v. Ch.)

Die Etrusker waren ein Volk orientalischer Herkunft, vielleicht aus Lydien, das sich, vom X Jh. an, in Mittelitalien zwischen dem tyrrhenischen Meer und den Flüssen Arno und Tiber niederließ. Nach und nach siedelte es auch nördlich und südlich der genannten Flüsse. Die Etrusker gewannen die Oberhand über die weniger entwickelte alt eingesessene Bevölkerung, mit der sie schließlich verschmolzen. Sie leisteten Ausgezeichnetes in der Bearbeitung von Metallen, in der Herstellung von Waffen, in der Kunst, der Schifffahrt, den Techniken der Hydraulik und des Bauwesens. Sie waren in zwölf Städtebünden organisiert. Dem zentralitalienischen Bund gehörten an: Arezzo, Cervetri, Chiusi, Cortona, Prugia, Populonia, Tarquinia, Veio, Vetulonia, Volsinii, Volterra und Vulci. Jeder wurde von einem ``Lucumone`` geführt. Die zwölf Lucumonen trafen sich einmal im Jahr in einem Tempel, Fanum Voltumne, in der Nähe des Lago di Bolsena (um über die gemeinsamen Angelegenheiten zu beraten. Die Beschlüsse waren bindend).

Die älteste von den Etruskern gegründete Stadt, im VIII Jh. v. Ch., war wahrscheinlich Tarquinia. Ihre höchste Entwicklung erreichte sie im VI Jh. Dann begann ihr langsamer Verfall, und um das III Jh. v. Ch. wurde sie von ihren hartnäckigsten Widersachern, den Römern, unterworfen.

Die Etrusker sind für uns immer noch rätselhaft, weil sich keine Originalschriften gefunden haben, die mit Bestimmtheit auf ihre Herkunft und Geschichte schließen lassen. Die gemeißelten Inschriften auf den Gräbern reichen kaum hin, ihr Alphabet zu verstehen. Die verfügbaren geschichtlichen Aufzeichnungen sind reichlich zweifelhaft, weil sie von römischen Historikern erst überliefert wurden, nachdem schon einige Jahrhunderte verstrichen waren.

Keine etruskische Stadt ist wiedergefunden worden. Alle wurden zerstört und von der nachfolgenden Bevölkerung wieder aufgebaut. Allerdings sind unzählige in Tuffstein gehauene Gräber erhalten, in denen öfter die Umgebung nachgebaut ist, in der die Verstorbenen gelebt haben. Es wurden den Toten persönliche Gegenstände mit in das Grab gegeben, weil man an die Fortdauer des Lebens nach dem Tod glaubte. Große Teile dieser Grabbeigaben sind im Laufe der Jahrtausende zerstört oder geraubt worden. Dennoch werden viele in großen und kleinen Museen aufbewahrt. Durch sie haben Archäologen die Geschichte und die Art und Weise des etruskischen Lebens rekonstruieren können. Die Illustrationen der bemalten Vasen und die Fresken der Gräber geben mehr Hinweise, als es ein geschriebener Text könnte. Das sich wohl Befinden der Etrusker, ihre geistige Haltung und Überlegenheit den irdischen Dingen gegenüber, spiegelt sich in dem ironischen Lächeln, das ihre Gesichter erhellt. In Tuszien findet man die wichtigsten Gräber in Norchia, Tarquinia, Tuscania, Cervetri und Vulci. Viele andere kleinere, aber sehr interessante, gibt es in kleineren Orten wie z. B. in Sovana.

Im westlichen vulkanischen Vorgebirge von Capodimonte lag die wichtige etruskische Stadt Bizenzo. Das bezeugen die vielen zerstörten Gräber im Tal. Auf dem Berg ist noch ein interessantes Kolumbarium aus etruskisch-römischer Zeit zu sehen. Das wichtigste etruskische Museum ist die Villa Giulia in Rom. Weitere etruskischen Museen sind in unserer Region in Vulci, Viterbo, Tarquinia, Tuscania und auch in kleineren Ortschaften wie Ischia di Castro, Bolsena usw.

Die Etrusker haben als Straßen gewöhnlich ``Hohlwege`` tief in den Tuffstein gehöhlt, oder besser, gehauen, wahrscheinlich, um das außerordentliche Gefälle auszugleichen und so die Durchfahrt für ihre Fuhrwerke zu ermöglichen. Von diesen Hohlwegen kann man viele Beispiele in der Gegend von Pitigliano, Ansedonia und Castro sehen.

Die Römer

(753 v. Ch.-476 n. Ch.)

Es ist bemerkenswert wie Rom, ursprünglich eine kleine Stadt wie so viele andere auf der europäischen Landkarte, sich aufmachte, um in kurzer Zeit die ganze damals bekannte Welt zu erobern, obgleich es von mächtigen Völkern umgeben war. Im Norden von Etruskern und Galliern, im Süden von den Griechen Großgriechenlands und den Karthagern.

Mit dem Vormarsch der Römer nach Norden wurden die etruskischen Städte eine nach der anderen zerstört. Zuerst Cerveteri, dann 309 v. Ch. Tarquinia. Im Jahr 264 v. Ch. eroberten die Römer die etruskische Stadt Velzna, der Ort, an dem sich heute Orvieto befindet. Ihre Bewohner wurden vertrieben und wurden nicht weit entfernt vom heutigen Bolsena angesiedelt, an einem Platz, der schlecht zu verteidigen war.

Die Römer nahmen die immensen Reichtümer von Velzna in Besitz. Plinius berichtet, dass zweitausend Statuen aus Gold, Silber und Bronze mitgeschleppt wurden, um den Campidoglio zu schmücken, wenige Jahrzehnte später aber benutzt wurden, um die Münzen für die Finanzierung des zweiten Krieges gegen die Karthager zu prägen. Die flachen Küstenstreifen entlang des tyrrhenischen Meeres waren mit den blauen Blüten des Flachs bedeckt. Das daraus hergestellte Leinen diente zur Herstellung der Segel für die Hundertschaften von Booten, die von den Römern in großer Hast für den Kampf gegen Karthago gebaut wurden.

Während der vollen Entfaltung des Römischen Reiches breitete sich das Christentum aus. Im Versuch den grausamen Verfolgungen zu entkommen, versammelten sich die Christen heimlich in Katakomben. Es gibt auch eine in Bolsena. In Bolsena wurde um 300 unter Diokletian die junge Cristina gemartert, später heiliggesprochen und zur Patronin der Stadt ernannt. Das wird jedes Jahr am 24. Juli mit bewegenden, lebenden Bildern gefeiert, um an die Qualen zu erinnern, die Cristina erleiden musste.

Im Jahr 313 trat Kaiser Konstantin zum Christentum über, das er zur Staatsreligion erklärte. Der Kirche flossen Geschenke, Güter und Erbschaften zu, und im Laufe weniger Jahre wurde auch sie zu einer wirtschaftlichen Macht. Dem Bischof von Rom wurde als rechtmäßigem Nachfolger des Apostels Petrus, der in Rom den Märtyrertod erlitten hatte, eine herausragende Rolle zuerkannt.

395 spaltete sich das Römische Reich in das Oströmische, an Griechenland orientierte, Reich mit der Hauptstadt Konstantinopel (ehemals Byzanz) und in das Weströmische Reich mit der Hauptstadt Rom. Das letztere hörte 476 auf zu bestehen, als Odoakar, der Befehlshaber der germanischen Truppen, den letzten Imperator, Romulus Augustus, absetzte. Mit der Inthronisierung Odoakars begann das ``andere Mittelalter``, jene historische Periode, die im Jahr 1200 zu Ende ging.

Mit dem Fall des Weströmischen Reiches endete Roms Rolle als ``Zentrum der Welt`` nicht. Sie festigte sich vielmehr durch die Anwesenheit des Papstes und die ungeheure Macht der Kirche in der Welt.

In Tuszien und in seiner Nachbarschaft gibt es nur wenige gut erhaltene römische Denkmäler. Die Amphitheater von Sutri und Ferento und die in Cosa und Vulsinii, die immer noch für theatralische und konzertante Aufführungen genutzt werden, sind die interessantesten.

Die Goten

(489 – 553)

Peking, eine andere entwickelte Welthauptstadt, hatte einige Tausend Kilometer östlich, ihr Reich in einer ``Grossen Mauer`` eingeschlossen. Zwischen den Grenzen des Römischen Reiches, das durch den ``Limes`` geschützt wurde, und der chinesischen Mauer lebten die ``Barbaren``. Sie waren ein Gemisch nomadischer Völker: Westgoten, Ostgoten, Wandalen, Langobarden, Ungarn, Awaren, Hunnen, Mongolen, Skythen und andere. Sie drangen, mit Sehnsucht nach neuem Lebensraum und Abenteuer, häufig in die zwei Reiche ein. Ihr bevorzugtes Ziel war Rom.

Die Goten kamen in den Jahren 489 – 93 nach Italien, überrannten die Residenz von Odoakar und töteten ihn. Theoderich, ihr König, gründete ein Reich mit der Hauptstadt Ravenna. Für sich behielt er die Militärverwaltung bei, den Römern ließ er die Zivilverwaltung und tolerierte ihr Christentum, während sein Volk den Arianismus praktizierte. Sein minderjähriger Sohn Athalarich folgte ihm nach seinem Tod. Dessen Mutter Amalasuntha war Regentin. Der junge Athalarich starb wenig später, und Amalasuntha wurde 535 Königin der Goten. Theodat, einer ihrer Vettern, glaubte beim Tod des Athalarich, er hätte höhere Rechte, den Thron zu erben. Sie beendeten ihren Widerstreit durch Heirat, doch kurz darauf setzte Theodat Amalasuntha auf der Insel Martana, im Lago di Bolsena, gefangen. Dort ließ er sie ermorden und wurde König der Goten. Amalasuntha hatte, aus Angst vor Theodat, vor der Heirat Justinian, den Kaiser Ostroms, um Hilfe gebeten. Der schickte, wenn auch zu spät, sein griechisches Heer, das der Herrschaft der Goten 553 ein Ende machte.

Unter Justinian wurden die Reiche von West und Ost wieder vereint, und das Mittelmeer wurde wieder ``Unser Meer``. Die ``Barbaren``, die seit je keine Flotte hatten, wurden ins Binnenland zurückgetrieben.

Araber und Langobarden zeigten jedoch schon bald wie zerbrechlich die Wiedervereinigung des Reiches war.

Die Langobarden

(568 – 773)

Die Langobarden, auch germanischer Herkunft, zogen 568 nach Italien und besetzten den Norden und Teile der Mitte, einschließlich Viterbo. Als Hauptstadt wählten sie Pavia. Die Griechen mussten vor der siegreichen Reiterei der Langobarden zurückweichen. Aber sie retteten erfolgreich Pentapoli, den Streifen befestigten Landes von Rom bis Ravenna, der Italien in zwei Teile trennte. Die Invasoren besetzten südlich dieses Streifens Spoleto und Benevento. Das besetzte Gebiet wurde in Herzogtümer eingeteilt, die mehr oder weniger unabhängig waren.

Gregor I wurde 590 Papst. Er erklärte feierlich den Primat des Bischofs von Rom: Der sei der höchste Richter in allen religiösen, dogmatischen wie disziplinarischen Fragen. Das war eine ausdrückliche Bekräftigung der Autorität und nicht nur eine ehrenvolle Würdigung wie in der Vergangenheit. Die große hierarchische Organisation der Bischöfe Europas wurde damit der Kirche in Rom unterstellt. Viele Herrscher der ``Barbaren`` hingen noch dem Arianismus und anderen heidnischen Göttern an. An ihrer systematischen Bekehrung arbeiteten Heerscharen von Missionaren, ganze Ordensgemeinschaften und Angehörige von Abteien. Unter den ersten Bekehrten waren die Langobarden. Ihr König Authari heiratete die katholische Theudelinde. Sie war die Königin, die zusammen mit dem Papst, das Bekehrungswerk vorantrieb..

Auf Authari folgte Luitprand, der auch zum Christentum übertrat. 728 schenkte er den ``seligen Aposteln Petrus und Paulus``, das heißt, der Kirche, die Burgen von Sutri und Nepi, südlich von Viterbo. Dieser Zuwachs bildete, mit den angehäuften Reichtümern der konstantinischen Epoche, den Grundstock für das ``Land Petri``, dessen Einkünfte in jener Zeit für vordringliche barmherzige Zwecke benutzt wurden. Obwohl es keinen Plan gab, aus der Kirche einen Staat zu machen, begann in jener Periode der langsame historische Prozess, der dem Papst territoriale Unabhängigkeit sicherte.

Konstantinopel, das die Araber und Perser aufhalten musste, die seine Grenzen im Osten bestürmten, war nicht mehr in der Lage, Pentapoli zu verteidigen. Die Langobarden nahmen die Gelegenheit wahr, besiegten Ravenna und bedrohten Rom.

Die Päpste, die sowohl von der schwachen Vormundschaft Konstantinopels, als auch vom Druck der Langobarden frei sein wollten, baten die Franken um Hilfe. Sobald diese nach Italien gekommen waren, besiegten sie Desiderius, den letzten König der Langobarden. Damit setzten sie deren Reich 773 ein Ende.

Viele Langobarden blieben in Italien, besonders in Como, wo sich die Schule der ``Meister von Como`` entwickelte (Bildhauer, Architekten, Maurer und Steinmetzen). Die hat zur Entwicklung einer Bautradition beigetragen, die schließlich in den romanischen Stil mündete.

Für den romanischen Stil gibt es in Tuszien viele Beispiele: das Ziborium im Dom von Sovana, San Flaviano in Montefiascone, die Kirche San Pietro e Santa Maria in Tuscania und die Krypta im Dom von Acquapendente.

In jener Zeit breitete sich das Mönchstum aus. Es gab sich strenge Regeln, die Gebet, geistige und körperliche Arbeit vorschrieben. Mit dem Mönchstum kam das Eremitenwesen nach Tuszien. Die Eremiten lebten von Almosen, in einsamen Grotten, weit abseits bewohnter Zentren. Einige Klausen finden sich in den Felsen, von denen die Flüsse Fiora und Olpeta gesäumt werden. Besonders interessant ist die Klause von Poggio Conte, nahe der Brücke San Pietro.

Der Islam

(seit 632)

Am Ende des Jahres 632, Mohammeds Todesjahr, begann sich in der Mittelmeerregion die islamische Religion auszubreiten. Araber eroberten Anatolien, Sizilien und den Norden Afrikas. Sie überquerten die Meerenge von Gibraltar und besetzten den Süden von Spanien. Cordoba und seine Moschee wurden das Herz der arabischen Welt. ``Unser Meer`` wurde ein arabischer See. Diese neuen Eindringlinge in Europa waren Gegner des Christentums und der römischen Kultur, ohne irgendeine vermittelnde Gemeinsamkeit. Sie überschritten von Spanien aus die Pyrenäen mit der Absicht, in das Reich der Franken und in Europa einzudringen. Die schwache Dynastie der Merowinger herrschte damals über die Franken, aber ihr großer Vasall Karl Martell besaß wirkungsvolle Macht. Er besiegte die Araber 732 bei Poitiers und hielt sie auf.

Die Sarazenen, die sich auf Sardinien und Korsika niedergelassen hatten, überfielen und plünderten Tuszien in den folgenden Jahrhunderten mehrmals. Die Bevölkerung baute, um den Raubzügen, dem Tod und der Sklaverei zu entgehen, entlang der Küste ein Netz von Signaltürmen, deren Reste noch zu sehen sind. Einmal schifften sich die Sarazenen in Ostia ein und plünderten den Petersdom. 964 machten sie Vulci dem Erdboden gleich. Die Bewohner der Küste von Tuszien verließen deshalb ihre Dörfer und flüchteten auf einen höher gelegenen Hügel, wo sie Montalto gründeten. Die Bewohner von Marta und Capodimonte brachten sich mehrmals auf den Inseln des Lago di Bolsena in Sicherheit.

Das Wachsen des Kirchenstaates

(773 – 786)

Der Papst hatte sich, um Hilfe gegen die Langobarden zu erhalten, an Pippin den Jüngeren, den Sohn Karl Martells, gewandt. Eine fränkische Gesandtschaft ging nach Rom, um sich mit dem Papst darüber zu beraten, wer über die Franken herrschen solle. Der Papst Zacharias antwortete: „ Es ist besser, dass der König wird, der wirkungsvolle Macht besitzt, als der, der rechtmäßig König ist, aber keine Macht hat ". Das war das Ende der Dynastie der Merowinger und der Beginn der Dynastie der Karolinger.

Pippin der Jüngere wurde der treueste Verbündete der Kirche. Er befreite Pentapoli von den Langobarden, und anstatt das Oströmische Reich wieder herzustellen, schenkte er es dankbar der Kirche..

Pippin der Jüngere starb 768, ihm folgte sein Sohn Karl der Große, der, wie oben gesagt, nach Italien kam, Desiderius besiegte und die Herrschaft der Langobarden endgültig beendete. Er verwandelte die langobardischen Herzogtümer in Grafschaften und Markgrafschaften und führte damit den Feudalismus ein. 786 trat er vom langobardischen Tuszien (das damals auch große Teile der heutigen Toskana umfasste) Viterbo, Orvieto, Sovana, Marta, Montefiascone, Tuscania und Bagnoregio an den Papst ab.

Das abgetretene Gebiet erhielt den Namen Tuscia Romanorum (römisches Tuszien). Die Provinz Viterbo heißt noch heute Tuszien (Tuscia), während der gleiche Name sich im Norden nach und nach in Toskana (Toscana) verwandelt hat.

Das Heilige Römische Reich der Karolinger

(800 – 888)

Das Reich der Franken, das große Teile des heutigen Frankreich und Deutschland umfasste, war die größte Militärmacht jener Zeit. In diesem Reich und weit jenseits seiner Grenzen, verfügte die Kirche, mit etwa zehn Millionen Gläubigen, über eine verästelte hierarchische Organisation, die sich aus bischöflichen Diözesen, Pfarreien, Klöstern und Abteien zusammensetzte. Jede Pfarrei, vom Atlantik bis Osteuropa, von Irland bis Sizilien besaß wenigstens eine Pfarrkirche. Die war einem Pfarrer anvertraut, der unter anderem die Funktion eines strengen geistigen und politischen Führers zu erfüllen hatte.

Die Allianz zwischen Monarchie und Papsttum rief das größte imperiale Projekt des Mittelalters ins Leben.

Am Weihnachtstag im Jahr 800 krönte Papst Leo III Karl den Großen zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und stellte ihn so dem christlichen Herrscher von Konstantinopel gleich. Karl der Große war wirklich zeitweise das Haupt der Kirche. Fordernd schrieb er an den Papst: " Unsere Aufgabe ist es, die Kirche Christi an jedem Ort zu verteidigen, die Eure ist es, die Hände zum Himmel zu erheben und mit Euren Gebeten zu Unserem Kampf beizutragen, damit Wir überall den Sieg davontragen." Karl der Große starb 814.

Unter seinem nachfolgenden Sohn Ludwig, genannt der Fromme, erwarben sich die Lehnsmänner weitgehende Unabhängigkeit. Karl der Große hatte sie zu Gehorsam gezwungen. Dazu war Ludwig nicht fähig. Drei Jahre später wurde das Reich unter seinen Söhnen verteilt, es gab weitere Teilungen, Konflikte und Rivalitäten, wodurch das Reich in eine ernste Krise geriet, bis die Dynastie der Karolinger schließlich 888 erlosch.

Das Kaiserreich unter der Dynastie der Sachsen

(962 – 1014)

Nach dem Ende der karolingischen Dynastie teilte sich das Reich endgültig. Damals wurde mit einem französischen und einem deutschen Staat die Grundlage Zentraleuropas geschaffen. Diese beiden Staaten stritten noch lange Zeit um den Besitz Italiens, das ein begehrtes Objekt für Eroberungen blieb. Die Päpste machten sich diese Rivalität zu Nutze, indem sie sich mit den Franzosen gegen die Deutschen verbündeten und umgekehrt, je nach den sich ändernden Umständen.

Papst Johannes XII rief 962 Otto von Sachsen nach Rom und krönte ihn zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, das inzwischen auf den deutschen Teil reduziert war. Die Sachsen machten die gesamte kirchliche Hierarchie in noch höherem Maß zum Vasallen. Sie stabilisierten die kaiserliche Kontrolle der Papstwahl mit dem Recht auf Widerruf. Kirche und Reich wurden eine Einheit, ganz zum Vorteil des Reiches. Aus 93 Bischofssitzen und Abteien Italiens und Deutschlands machte Otto Grafschaften, in denen die Bischöfe Fürstentitel erhielten. Sie waren fortan Fürst – Bischöfe. Die Kirche stützte sich auf zehn Millionen Gläubige. Das Reich nutzte, um am Leben zu bleiben, die kirchliche Hierarchie.

Das Papsttum war in dieser Zeit einerseits in der Hand der kaiserlichen, andererseits in der Hand der aristokratisch – römischen Fraktion und stürzte auf sein tiefstes moralisches Niveau. In großem Stil wurden die Ämter käuflich. Es gab Konkubinat und Korruption. Ein Papst wurde mit einem Kissen erstickt, ein anderer wurde im Alter von weniger als zwanzig Jahren gewählt. Dann gab es drei Päpste, die sich wechselseitig exkommunizierten. Es verbreitete sich auch die unwahrscheinliche Geschichte einer Päpstin. Der Kaiser setzte damals eine Reihe deutscher Päpste ein. Einige von ihnen wurden vom römischen Adel verjagt. Die Dynastie der Sachsen hörte im Jahr 1014 auf.

1054 kam die Kirchenspaltung. Der Patriarch von Konstantinopel trennte sich von der Kirche Roms und gründete die Orthodoxe oder Griechische Kirche.

Das Kaiserreich unter der fränkischen Dynastie

(Der Investiturstreit, 1073 – 1122)

Auf die Sachsen folgte die fränkische Dynastie. Zwischen Kirche und Kaiser wurde der Kampf um die Investitur (das Einsetzen in die Macht) vorherrschend. Papst und Souverän waren sich einig, dass die königliche Gewalt von Gott gegeben sei. Während aber die Herrscher der Ansicht waren, durch den direkten Willen Gottes berufen zu sein (Gottesgnadentum), meinten die Päpste, dass ihnen, als Repräsentanten Gottes auf Erden, das Recht zustehe, den Souverän zu ernennen.

Im Feudalsystem übertrug der Herrscher während der Zeremonie der Amtseinsetzung seinem Vasallen das Lehen. Zugleich überreichte er ihm das Schwert als Zeichen zeitlicher Macht. In nachfolgenden Perioden übergab der Souverän mit dem Schwert auch den Stab als Symbol göttlicher Macht. Damit nahm er sich das Recht, die Fürst - Bischöfe zu ernennen.

1073 wurde Hildebrand Papst, unter Beifall des Volkes und nach dem Willen der Kardinäle. Er war in der Toskana, in Soana (jetzt Sovana) geboren und nahm den Namen Gregor VII an. Demütig, aber zäh und mutig, war er davon überzeugt, dass er sein Amt von Christus erhalten hatte, damit er die Kirche wieder versittliche und dem Papsttum wieder zu seinen Rechten gegenüber den Herrschern verhelfe. Mit großer Kühnheit verkündete er das dictatus papae, in dem er unter anderem verfügte: ``nur der römische Pontifex kann allgemein berufen – der Papst ist der einzige Mensch, dem alle Souveräne den Fuß küssen – dem Papst ist es erlaubt, Herrscher abzusetzen – niemand kann eine Entscheidung des Apostolischen Stuhls verwerfen – die Römische Kirche hat sich nie geirrt und kann sich nie irren – wer nicht für die Römische Kirche ist, kann nicht katholisch genannt werden – der Papst kann den Treueschwur lösen, den er Ungerechten geborgt hat – die geistliche Würde ist der königlichen Würde überlegen``. Die Herrscher bereiteten als wirkungsvolles Druckmittel eine Invasion des Kirchenstaates vor. Der Papst exkommunizierte sie. Die Herrscher antworteten mit der Wahl anderer Päpste, die ihnen willfährig waren. Kaiser Heinrich IV widersprach Gregor VII, indem er bekräftigte, dass die königliche Macht direkt von Gott verliehen werde und deshalb nicht von einem Menschen abhängen könne, auch nicht vom Papst. Er rief die deutschen Bischöfe zusammen und ließ Gregor VII absetzen. Gregor VII exkommunizierte ihn. Viele deutsche Bischöfe bereuten daraufhin ihre Tat und sagten sich von ihrem Herrscher los. In diesen widrigen Umständen zog Heinrich IV, kurz vor Weihnachten 1076, nach Italien. In Canossa bat er, barfuss und im Büßergewand, den Papst um Vergebung. Der verzieh ihm nach drei Tagen und nahm ihm den Treueschwur ab. Das Problem blieb aber ungelöst. Es folgten von neuem Auseinandersetzung, Absetzung und Exkommunikation. Heinrich IV eroberte Rom 1084 und ließ einen Gegenpapst wählen. Gregor VII schloss sich in der Engelsburg ein. Er wurde von den Normannen befreit, die sich in Süditalien niedergelassen hatten. Er starb im folgenden Jahr in Salerno. Auch Heinrich IV war nicht siegreich. Er wurde von seinen Lehnsmännern abgesetzt und starb 1106 im Elend. Das Konkordat von Worms beendete den Kampf um die Investitur 1222 mit einem Kompromiss: Heinrich V räumte der Kirche das Recht ein, ihre eigenen Prälaten zu ernennen. Die fränkische Dynastie erlosch 1125.

Die Kommunen

( XII JH.)

Während sich die Päpste und die Kaiser um die Investitur stritten, hatte die Bevölkerung, die bis dahin wie Vieh von einem Lehnsherrn einem anderen übergeben worden war, Vertrauen zur eigenen Stärke gefasst und sich in Kommunen organisiert. Sie ersetzten die vom Papst oder Herrscher ernannten Feudalen durch einen vom Volk gewählten Magistrat. Kirche und Herrscher konnten den Wunsch nach Freiheit nicht bändigen. Deshalb, und um des eigenen Vorteils willen, wetteiferten sie darum, den Kommunen Freiheiten zuzugestehen. Sie erwarteten als Gegenleistung die Hilfe der kommunalen Milizen. Die Parteigänger der Herrscher hießen ``Ghibellinen``, die der Päpste ``Guelfen``. Die Revolution der Kommunen war von außerordentlicher Bedeutung. Denn mit ihren Räten, Beschlüssen, Verordnungen usw. schufen sie das neue italienische Recht, eine neue Kunst und die italienische Sprache. Die Kommunen erkannten den Pontifex als einzige geistige Autorität an. Seine Einmischung in ihre bürgerlichen Angelegenheiten akzeptierten sie nicht. Die ersten Kommunen Tusziens, die gegen die päpstliche Autorität aufstanden, waren Viterbo, Orvieto, Tuscania und Castro. Die kleinen Gemeinden schlossen sich den größeren an, um nicht allein da zu stehen. Sie versprachen den größeren, einen jährlichen Zins zu zahlen und unter deren Kommando Krieg zu führen oder Frieden zu halten. Das Motto der Allianz war einfach: ``Sei der Freund meiner Freunde und der Feind meiner Feinde``. Die verschiedenen Versprechen wurden bei den Evangelien geschworen.

Die Kommunen hatten die unwiderstehliche Leidenschaft, ihr eigenes Gebiet zu erweitern. Die Burgen unserer Region wurden deshalb zwischen ihnen ein weiteres Jahrhundert, in Kriegen und Verhandlungen, einmal diesem, dann wieder jenem zugeschlagen. Castro und Sovana kämpften um den Besitz der Maremma gegen Siena, um den Besitz des Lago di Bolsena kämpfte Orvieto gegen Viterbo, Tuscania gegen Viterbo immer um das Tal des Sees, Viterbo gegen Rom aus traditioneller Feindschaft. Viele Runden des Kampfes zwischen Papst und Kaiser spielten auf dem Schauplatz Viterbo und Orvieto. Beide waren entweder Favoriten des Papstes, oder vom Kaiser umschmeichelt, weshalb sie notwendiger Weise für den einen oder anderen der Streitenden, Partei ergreifen mussten.

Das Kaiserreich unter den Hohenstaufen

(1125 – 1218)

Der fränkischen Dynastie folgten die Hohenstaufen. Die Auseinandersetzungen mit der Kirche dauerten unter Kaiser Friedrich I, genannt Barbarossa, und seinem Enkel Friedrich II an. Barbarossa unternahm vier Feldzüge nach Italien, gegen den Papst und seine Guelfen. Er erlaubte 1164 Viterbo, das damals ghibellinisch war, den Doppeladler im Wappen zu führen, der das Kaiserreich repräsentierte. Viterbo stellte sich schon deshalb hinter Barbarossa, um die verhassten Römer zu schlagen. 1167 überfiel die viterbesische Miliz Rom, von wo sie siegestrunken die bronzenen Türen mitnahm, die sie im Petersdom aus den Angeln gehoben hatte.

Viterbo war der Sitz zweier von Barbarossa eingesetzter Antipäpste. Diese blieben Anhänger des Kaisers, bis der in der Lombardei von einer Liga der Guelfen geschlagen wurde. Auch Viterbo wurde besiegt und unter die Kontrolle der Kirche gestellt. Die geraubten Türen mussten zurück gegeben werden.

Friedrich Barbarossa ertrank 1189.

Friedrich II, König von Neapel und Sizilien, hatte einen deutschen Vater und eine sizilianische Mutter. Er wurde 1220 zum Kaiser gekrönt und hielt sich an die Politik seines Großvaters. Es gelang ihm durch Verhandlungen mit den Muselmanen, Jerusalem zurück zu gewinnen, dessen König er sich nannte. Als er Streit mit Gregor IX bekam, wurde er exkommuniziert. Auf dem Vormarsch nach Rom besetzte er die Burg von Montefiascone. In Viterbo wurde er zunächst von den Ghibellinen gern empfangen. Dann konnten aber ein Kardinal und eine junge Frau namens Rosa (die später heilig gesprochen und Patronin der Stadt wurde) viele von ihnen überzeugen, sich den Guelfen an zu schließen. Die Guelfen besiegten Friedrich, jagten ihn aus der Stadt, und er wurde von Papst Innozenz IV exkommuniziert. Es folgte ein Bürgerkrieg in Deutschland, der mit seiner Absetzung endete, ``von Gott aller seiner Ehren und Würden entkleidet``. Das Reich ging 1218 an die Habsburger.

Friedrich II blieb König von Sizilien. Sein Hof in Palermo wurde unter dem Einfluss der arabischen Kultur ein Zentrum von Literatur, Künsten und Wissenschaften. Friedrich selbst schrieb in Latein eine Abhandlung über die Falkenjagd. Er gründete die Universität von Neapel und ließ viele Bauten errichten, unter ihnen das berühmte Castel del Monte in Apulien. Mit seinem Tod, er starb unerwartet 1250, endeten die Hohenstaufen. Aber der Streit mit der Kirche wurde von Manfred, König von Sizilien und natürlicher Sohn Friedrichs II, wieder aufgenommen.

Innozenz III (1198 – 1216), war einer der hauptsächlichen Verteidiger der kirchlichen Rechte. Er verhalf dem Papsttum zu seiner größten Macht. Er war es auch, der die Burg von Montefiascone als den tauglichsten Ort erkannte für den Aufenthalt des kirchlichen Statthalters in Tuszien.

Gregor IX richtete 1231die Inquisition ein und betraute damit den Orden der Dominikaner. Als Innozenz IV die Inquisition ab 1252 ermächtigte, zu foltern, wurde den Mitteln der Verfolgung der Terror hinzugefügt.

 

Manfred

(1250 – 1266)

Papst Urban IV hatte, wegen der Rebellion der Kommunen, die Kontrolle über den Kirchenstaat verloren. Von Rom, das eine freie Kommune geworden war, wurde er gezwungen, aus Rom zu fliehen. Er flüchtete 1261 nach Viterbo und Orvieto. Das beherbergte ihn weniger aus Unterwürfigkeit, als vielmehr seines eigenen Ansehens wegen und aus vorteilhaften wirtschaftlichen Gründen. Urban war ein französischer Papst. Er war nicht gut gelitten bei den Ghibellinen, die ihn als ``Skorpion und hoch giftige Schlange`` bezeichneten. Er flüchtete deshalb am Ende nach Perugia. Die Politik Urbans war, eine eigene territoriale Basis in Tuszien zu schaffen, von der aus Rom zurück erobert werden konnte. Er ließ die Festung von Montefiascone verstärken, und er erwarb durch Krieg und Verhandlungen Marta, Valentano und die zwei Inseln im Lago di Bolsena. Die politische Situation war misslich. Die Ghibellinen von ganz Italien übten Druck auf Manfred, den König von Sizilien, aus. Er sollte den schon taumelnden Herrn der Kirche endgültig niederstoßen und sich die Krone Italiens aufsetzen. Der Papst wandte sich, um Manfred zu widerstehen, an den Hof von Frankreich und bot Karl von Anjou, dem Bruder des französischen Königs, das Reich Manfreds an. Die Ghibellinen überschüttete er mit einer Flut von Exkommunikationen, und er schickte nach Viterbo Briefe, randvoll mit Schmeicheleien, Nachsicht und tausend Segnungen des Himmels, um Hilfe zu bekommen. Die Viterbesen ließen sich überzeugen und entschieden, die Waffen zu Gunsten der Kirche zu ergreifen. Franzosen und Viterbesen besiegten die sarazenischen Milizen des Manfred und seine alliierten Ghibellinen. Urban IV starb in der Zwischenzeit, aber seine Nachfolger konnten als Sieger nach Rom zurückkehren.

Die Verlegung der Papstresidenz nach Avignon

(1305)

Die Kardinäle versammelten sich 1268 im Papstpalast von Viterbo, um einen neuen Papst zu wählen. Die einen wollten einen französischen Papst, die anderen eine italienischen. Philipp III, König von Frankreich, sein Bruder, Karl von Anjou und der Fürst Enrico di Cornovaglia kamen persönlich nach Viterbo, um die Wahl voranzutreiben. Der Fürst wurde aus persönlichen Motiven während einer Messe in der Kirche S. Silvestro ( jetzt S.Gésu) gemeuchelt. Die Monate vergingen, ohne dass die Kardinäle sich einig wurden. Sie wurden im Palast mit der Drohung eingeschlossen (clausi cum clave), dass sie erst nach vollzogener Wahl hinauskämen. Die Bevölkerung deckte das Dach ab, als die Situation andauerte, und teilte ihnen das Essen zu. Schließlich, fast drei Jahre nach Beginn des Konklaves, wurde der Italiener Gregor X gewählt. Eine Reihe von Päpsten, die nur kurz lebten, folgte ihm. Der italienische Nikolaus III Orsini war einer von ihnen. Er tat sich dadurch hervor, dass er seine Verwandten bereicherte.

Der König von Frankreich bewirkte in Viterbo 1305, mit tausend Intrigen, die Wahl eines französischen Papstes, der sich seiner Politik unterwarf. Dieser kam nicht nach Italien, nicht einmal zum Konklave. Er ließ sich in Avignon nieder, wohin er auch den gesamten päpstlichen Hof umsiedeln ließ.

Eine Folge unglücklicher Ereignisse

(1310 – 1348)

Statthalter repräsentierten die Kirche im Stammland. Weil sie Franzosen waren, interessierten sie sich nur dafür, Geld anzuhäufen. Und sie übten eine bedrückende Diktatur aus.

Die Ghibellinen, unter ihnen Dante Alighieri, machten sich in dieser Zeit neue Hoffnungen, weil der Papst nicht da war. Sie empfingen mit Begeisterung Kaiser Heinrich VII von Luxemburg, der 1310 mit einem starken Heer nach Italien kam. Der erkrankte jedoch südlich von Siena und starb. Seine Soldaten hegten den Verdacht, dass er von einem Geistlichen vergiftet worden war, weshalb sie ein Blutbad unter Geistlichen anrichteten. Der Traum der Ghibellinen, von der Gründung eines einigen und weltlichen Italiens, ging mit dem Tod Heinrichs endgültig unter. 1326 kam Ludwig der Bayer, der sich in S. Peter zum Kaiser krönen lassen wollte. Am Ende wurde ein Antipapst gewählt, der 25 Jahre vorher, auf Anstiftung des französischen Königs, Philipp des Schönen, Papst Bonifazius VIII in Anagni geohrfeigt hatte. Der Bayer richtete in Tuszien große Zerstörungen an, aber auf seinem Rückweg nach Deutschland erlitt er Niederlagen in Florenz und Mailand.

1348 brach die Pest aus, mit schwarzen Beulen in Achseln und Leisten. Die Menschen wurden unter rasend schnellem Verfall innerhalb von drei Tagen hinweggerafft. Dreiviertel der Bewohner von Orvieto, Viterbo und Florenz starben. Der Adel versuchte, sich durch Flucht in Orte auf einsamen Hügeln zu retten. Boccaccio, der nach Fiesole geflüchtet war, schrieb während dieser Epidemie das Decamerone. Orvieto und Viterbo waren so entvölkert, dass die Überlebenden aus den umliegenden Ortschaften gerufen wurden, sodass diese, verlassen, zu Ruinen verfielen.

Die Rückkehr des Papstes nach Rom

(1352 – 1367)

Viterbo profitierte von der Abwesenheit des Papstes, der in Avignon residierte, durch einen ghibellinischen Präfekten, di Vico, der den kommunalen Besitz zum Schaden der Kirche vermehrte. Er trieb seine Eroberungen mit der Besetzung Orvietos auf die Spitze.

Papst Innozenz VI wurde 1352 gewählt. Er war ein energischer Mann harten Temperaments, der beschloss, die Rebellen zu bändigen und den päpstlichen Stuhl wieder nach Rom zurück zu bringen. Er schickte den Kardinal Egidius Alvarez Albornoz, einen Spanier, der mehr Soldat als Geistlicher war, und der sich an der Seite des Königs von Kastilien geschlagen hatte, nach Montefiascone. Dieser verbündete sich mit den örtlichen Familien Farnese und Orsini, die der Kirche treu waren. Für kurze Zeit standen auch von Seiten der Römer zehntausend Mann zur Verfügung, `` weil sie den großen Wunsch hatten, Viterbo Schaden zuzufügen``.

Der Präfekt di Vico musste sich ergeben. Der Kardinal ließ ihn gedemütigt, auf den Knien, auf die eroberten Gebiete verzichten, öffentlich seinen Verrat bekennen und ihn schwören, der Kirche die Treue zu halten. Nachdem Albornoz ihn gedemütigt und lange genug auf den Knien hatte liegen lassen, ermahnte er ihn ernst. Dann erteilte er ihm die Absolution. Albornoz konnte danach seinen Sieg voll ausnutzen. Er schaffte die städtische Miliz ab und unterdrückte die republikanische Verfassung der Kommune. Der vom Volk gewählte Magistrat wurde durch kirchliche Beamte ersetzt. In Orvieto und Viterbo wurden robuste Festungen errichtet als mächtige Bestätigungen der Souveränität der Kirche. Die Päpste konnten in den Provinzen ihres Stammlandes, nach zwei Jahrhunderten übler Widerwärtigkeiten im Streit mit den Kommunen, wieder frei herrschen. 1367 zog Papst Urban V festlich in Rom ein. Die Kirche hatte gesiegt.

Das Schisma

(1378 – 1417)

Dem französischen Papst Urban V und seinem Hof schien aber der Boden Roms unter den Füßen zu brennen. Nachdem er lange in der Burg von Montefiascone gewohnt hatte, entschied er, trotz der Appelle der Guelfen, unter denen Petrarca war, nach Avignon zurückzukehren. Das Kardinalskollegium, das 1377 in Rom zusammen getreten war und zum großen Teil aus Franzosen bestand, unterwarf sich nach Urbans Tod dem tumultartigen Druck der Römer, einen italienischen Papst zu benennen. Es wählte Urban VI, widerrief jedoch seine Wahl im Jahr darauf und wählte den Gegenpapst Klemens VII. So brach das große westliche Schisma aus, und vierzig Jahre wusste niemand mehr, wer der rechtmäßige Papst war. Der religiöse Widerstreit zwischen Papst und Gegenpapst artete bald in Bürgerkrieg aus. Urban VI hatte viele Städte des Kirchenstaates auf seiner Seite und die Republik Siena. Klemens VII, der sich in Anagni, wenig südlich von Rom, aufhielt, hatte ein bretonisches Söldnerheer hinter sich und die Viterbesen. Die standen unter dem Kommando vom Sohn des verstorbenen di Vico. Der französische Gegenpapst flüchtete zur Sicherheit in die Nähe der Königin Johanna von Neapel, weshalb der römische Papst sie mit Krieg überzog. Di Vico, der von der Abwesenheit des päpstlichen Heeres profitierte, das gegen Neapel verpflichtet war, eroberte von neuem den ganzen Kirchenstaat. Der römische Papst schloss, nach wechselnden und verwickelten Siegen, mit der Königin Johanna Frieden. Und er eroberte mit Hilfe der Orsini den Kirchenstaat zurück. Di Vico wurde getötet. Der französische Gegenpapst begab sich mit seinem Hof von Neapel nach Avignon. Dann verschlimmerte sich das Schisma, weil der italienische Teil der Kardinäle einen dritten Pontifex wählte. Die Christenheit musste dem Schauspiel der drei Päpste zusehen, die einer den anderen im Namen Christi exkommunizierten, den jeder zu repräsentieren vorgab. Hadrian V wurde 1410 vom Kardinal Cossa vergiftet, der sein Nachfolger wurde. Die drei Päpste beriefen Konzil um Konzil ein, ohne Erfolg. Sie kehrten schließlich zu den Waffen zurück. Das Konzil zu Konstanz beendete 1417 nach blutreichen Schlachten und vierzig Jahren Skandal das Schisma. Es wählte Martin V, dessen Einsetzung in Rom zu dem Zeitpunkt aber nicht möglich war, weil die Kirche während des Schismas jede Autorität in ihrem Staat verloren hatte.

Das Handwerk der Miliz war mit dem Erlöschen der kommunalen Freiheit zu einem Gewerbe verkommen. Leute jeder Couleur eilten unter die Fahne dieses oder jenes Befehlshabers, je nachdem, aus welchem sich der größte Profit ziehen ließ. Braccio da Montone und Tartaglia, Herr von Tuscania, waren in Tuszien die berühmtesten Freibeuter. Diese Söldner hatten untereinander einen Bund geschlossen mit dem Ziel, das ganze Land in ihren Besitz zu bringen.

Martin V führte schwierige Verhandlungen, um das Stammland zurück zu gewinnen. Die Königin Johanna akzeptierte, um den Meinungsverschiedenheiten ein Ende zu machen, Luigi d’ Angio als Sohn zu adoptieren und ihn als Thronerben des Königreichs Neapel zu bestimmen. Braccio di Montone landete nicht in Umbrien, Tartaglia wurde enthauptet. Martin V zog 1420 feierlich in Rom ein.

Der Krieg gegen den Herzog von Mailand

(1433 – 1443)

Nach Martin V wurde Eugen IV aus einer venezianischen Adelsfamilie zum Papst gewählt. Zwischen den Familien des verstorbenen Papstes und des neuen Pontifex war eine Feindschaft entbrannt, die einen neuen Krieg verursachte. Weiteres Unglück suchte den Kirchenstaat heim als Visconti, der Herzog von Mailand, dem Papst 1433 den Krieg erklärte und ein Heer unter dem Kommando des Befehlshabers Francesco Sforza nach Rom schickte. Eugen IV hatte nicht die Mittel, Sforza zu widerstehen. Er stellte ihn deshalb als General des päpstlichen Heeres an. Visconti ärgerte sich über den plötzlichen Sinneswandel des Papstes so maßlos, dass er die Römer aufhetzte, den Papst zu zwingen, nach Florenz zu fliehen. Unter den verschiedenen Leuten, die sich mit Visconti verbündeten, erschien auch ein weiterer di Vico. Der Papst vertraute den Auftrag, das Stammland zurück zu erobern, dem Bischof Vitelleschi an. Der eroberte Rom zurück, setzte Sforza ab, nahm di Vico gefangen und ließ ihn enthaupten. Das war das Ende der Familie di Vico, die der Kirche so viele harte Nüsse zu knacken gegeben hatte. Alles Kriegsrumoren hörte 1443 auf. Der Papst verließ Florenz, um in das ersehnte Rom zurück zu kehren. Der Palast der Sforza in Onano gibt Zeugnis jener Epoche.

Die Päpste der Renaissance

(XV – XVI)

Ein unerwartetes Ereignis erschütterte 1453 Europa. Mahommed II fiel in Konstantinopel ein ``über die Leichen von 50 000 Christen``. Er beendete damit das Oströmische Reich. Die Gefahr einer Invasion in Europa war Wirklichkeit geworden.

Viele Künstler, Philosophen und Literaten flohen aus Konstantinopel. Sie flüchteten nach Italien, besonders nach Florenz, wo sie am Hof der Medici gern aufgenommen wurden. Ihre griechisch-byzantinische Bildung beeinflusste die Entwicklung des Humanismus und der Renaissance. In jener Periode lebten großartige Künstler und Architekten: Brunelleschi, Michelangelo, Palladio, Bramante, Donatello, Cellini, Masaccio, Piero della Francesca, Botticelli, Mantegna, Leonardo, Tiziano, der Politiker Machiavelli und viele andere, die alle die italienische Kultur überstrahlen.

Das große Verdienst der Renaissancepäpste war ihr großzügiges Mäzenatentum der Literatur und der Kunst. Sie standen dabei im Wettstreit mit den Höfen von Florenz, Mailand, Ferrara, Neapel und Urbino. Als Träger der christlichen Botschaft dagegen, waren diese Päpste für die Kirche ein wahres Verhängnis. Ihr unmoralisches Wirken wurde die Ursache von Reformation und Protestantismus. Das Konklave wählte 1492 Rodrigo Borgia zum Papst, der den Namen Alexander VI annahm. Der hatte die Kardinäle mit Gold, Versprechen und Schmeicheleien schamlos gekauft. Alle hatten Kenntnis davon, dass er als Kardinal fünf Kinder hatte, unter ihnen die berühmten Lucrezia und Cesare. Und man wusste, dass die junge Giulia Farnese, die Braut von Orsino Orsini, in der letzten Zeit seine Geliebte gewesen war, und dass er von ihr eine Tochter hatte. Er scheute sich auch nicht, wenige Monate nach seiner Wahl, seinen natürlichen Sohn Cesare zum Kardinal zu ernennen und den damals erst 26 jährigen Alessandro Farnese, in seiner Eigenschaft als Giulias Bruder, zum Kardinal zu erheben. Der venezianische Gesandte bemerkte zu diesem Vorhaben seinem Senat gegenüber: `` Die Berufung des Alessandro Farnese zum Kardinal war nicht ehrenvoll. Sie ist hervorgegangen aus einer unanständigen Sache.`` Den Papst kümmerten dergleichen Kommentare kaum, um so weniger den römischen Klerus, der die gleichen Bräuche pflegte. Ein Geschichtsschreiber berichtet: `` Ein junges Mädchen den Schleier nehmen zu lassen, ist in manchen Klöstern so, als weihe man sie der Prostitution``. Karl VIII von Frankreich störte die angenehmen Schwelgereien des Borgiapapstes und seines Hofes, weil er, gegen den Willen des Papstes, den Thron von Neapel beanspruchte. Er kam mit einem starken Heer nach Italien und eroberte verschiedene Kastelle, einschließlich Viterbo. Das neapolitanische Heer, das Rom verteidigen musste, ergab sich. Danach zog ein konföderiertes Heer gegen Karl, an dem Mailand, Venedig, Spanien und Deutschland beteiligt war. Karl beeilte sich, nach Frankreich zurück zu kehren, aus Angst, dass ihm der Rückweg abgeschnitten würde. Er zerstörte auf diesem Weg gewaltsam Tuscania, das sich weigerte, ihn zu beherbergen. Er bezahlte sein ehrgeiziges Unternehmen teuer. Die Alliierten schlugen ihn, sein Heer wurde zerstört, seine Finanzen zerrüttet. Es kam auch die Stunde des Borgia. Während er einen Kardinal, bei einem Essen zu dessen Ehren, ermorden wollte, trank er selbst vom vergifteten Wein und starb. Auch sein Sohn Cesare hatte vom Wein getrunken, rettete sich aber, wenn auch mit Mühe.

Die Reformation

(ab 1510)

Martin Luther ging im Jahr 1510 nach Rom, weil er glaubte, dort das ``Lebendige Zentrum der Christenheit`` zu finden. Er traf statt dessen auf das Rom der Borgia. Mit großem Hass auf den käuflichen Klerus und dessen ungläubige und unmoralische Kardinäle kehrte er in sein heimatliches Deutschland zurück. Unter anderem war damals in Rom der Petersdom im Umbau. Die riesige Unkosten wurden gedeckt mit ``Ablassgeld``, das heißt, mit dem Geld, für das man den Nachlass der Strafen des Fegefeuers kaufen konnte, und zwar nicht nur für die Lebenden, sondern auch für die Verstorbenen. Die Forderung nach Versittlichung wurde unüberhörbar. Savonarola wurde deswegen in Florenz der Häresie angeklagt und lebendig verbrannt.

Die Probleme der Kirche potenzierten sich in Zentraleuropa wegen des Religionskampfes. Der wurde entfacht von Luther, Calvin und Zwingli, den Baumeistern der Reformation, die die Grundlagen schuf für den Protestantismus. Blutige Religionskriege entzündeten sich in Frankreich und dem Kaiserreich.

Alles dies trug sich zu auf dem Hintergrund des großen Wandels der politischen Bedeutung einiger Staaten, die von europäischen Staaten zu Weltstaaten wurden. Die Portugiesen, Spanier, Engländer und Holländer, nunmehr gut versorgt mit Feuerwaffen, warfen sich nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus und die mutigen Meerfahrer Magellan, Vasco da Gama und Vasco Nuez, mit ihren Flotten auf die Eroberung Amerikas, Afrikas und Asiens. Die Spanier zogen aus den Kolonien ungeheure Reichtümer. Deshalb konnten sie sich, zum Kampf gegen die ``Mauren``, mit einem mächtigen Heer an die Spitze aller anderen setzten. Die christliche Flotte schlug 1571 bei Lepanto die mohammedanische und brach damit die arabische Vorherrschaft im Mittelmeer.

Frankreich und Deutschland, die keine Flotte besaßen, fuhren mit ihren endlosen Zwistigkeiten um den Besitz Italiens fort. Karl V von Deutschland besetzte 1527 Rom und ließ den Papst gefangen nehmen. Er musste ihn aber auf Druck der katholischen Staaten wieder frei lassen.

Paolo III Farnese

(1534 – 1549)

Der Kardinal Alessandro Farnese wurde im Alter von 67 Jahren nach dem Tod Klemens VII zum Papst gewählt und nahm den Namen Paul III an. Auch er war ein großer Mäzen der Renaissance. Er verschönerte Rom, stellte den Petersdom fertig, ließ die Paulinische Kapelle bauen, den Palast Farnese und den Campidoglio. In Tuszien ließ er zusammen mit seinem Enkel, dem Kardinal Alessandro, die Paläste in Gradoli, Capranica, Capodimonte und andere kleinere bauen und wiederherstellen. Paul III machte sich zum Förderer der katholischen Gegenreformation, um die Bewegung der Reformation einzudämmen und die, an den Protestantismus gefallenen, Länder, zurück zu erobern. Er berief 1545 das Konzil von Trient ein, auf dem wichtige Entscheidungen zur Moral, Disziplin, Kultur und Politik getroffen wurden. Er bestätigte den, von Ignatius von Loyola gegründeten, Orden der Jesuiten. Der wurde zum wirkungsvollsten und tüchtigsten Instrument der Kirche. Die Inquisition wurde bestärkt, besonders in Spanien. Paul III war ein entschlossener und geachteter Papst. Aber auch er trieb Vetternwirtschaft, wenn auch weniger unverschämt. Während seiner Karriere als Kardinal hatte er vier Kinder, von denen zwei in jungen Jahren starben. Es blieben Pier Luigi und Constanza. Er erkannte sie als legitim an, und bemühte sich, ihnen ein prunkvolles Leben zu sichern. Constanza wurde mit einem Orsini aus Pitigliano verheiratet. Seinen Sohn Luigi machte er zum Herzog. Deshalb schuf er, im Landstrich zwischen dem Lago di Bolsena und dem tyrrhenischen Meer, an der Grenze der heutigen Toskana, das Herzogtum Castro. Es bestand aus Castro und weiteren dreißig bewohnten Dörfern. Viele jener Orte tragen heute noch den Namen jenes Herzogtums (Montalto di Castro, Ischia di Castro, Grotte di Castro, usw.). Ausgenommen waren Latera und Farnese, die einem anderen Verwandten, Galeazzo Farnese, zugeschlagen wurden. Auch ihm wurde bei Gelegenheit die Herzogswürde verliehen. Montefiascone weigerte sich, Herzogtum zu werden, weil es in direkter Abhängigkeit des Papstes bleiben wollte. Castro wurde als Hauptsitz gewählt. Um die mittelalterliche Burg in einen Hauptsitz zu verwandeln, welcher in Größe und Macht den Farnese entsprach, wurde das Projekt Antonio Sangallo d. J. anvertraut. Als Paul III 1545 Pier Luigi zum Herzog von Parma und Piacenza ernannte, kamen die übereifrigen Arbeiten zum Stillstand. Castro wurde zu einer Niederlassung jenes höher angesehenen Herzogtums. Pier Luigi war ein sittenloser Mensch, dessen wollüstiges Treiben und übertriebenes Luxusleben vom Papst als ``jugendlicher Leichtsinn`` entschuldigt wurden. Den Adel überzeugte diese Rechtfertigung nicht. Er ließ Pier Luigi ermorden. Er wurde 1547 erstochen.

Pier Luigi hinterließ vier Söhne, die sich sehr von ihm unterschieden: Ottavio, den Paul III sofort zum Nachfolger im Herzogtum Parma und Piacenza bestimmte, Alessandro, der ein hervorragender Kardinal und Orazio, der zum Herzog von Castro ernannt wurde. Der jüngste war Ranuccio, den der gute Papa, uneingedenk der Kirchenreformen, die er selbst vorantrieb, bedenkenlos als Fünfzehnjährigen zum Kardinal und Bischof von Neapel machte. Paul III starb 1549.

Das Herzogtum Parma und Piacenza

(1545 – 1731)

Orazio lebte nur kurz, weshalb das Herzogtum Castro wieder zu einer Niederlassung des Herzogs von Parma und Piacenza wurde. Im Laufe eines Jahrhunderts folgten Väter und Söhne aufeinander: Orazio, Alessandro, Ranuccio I, Odoardo und Ranuccio II. Die Farnese hatten sich, um die Fassade von Reichtum und Macht zu wahren, bei der Camera Apostolica hoch verschuldet. Sie hatten als Deckung das Herzogtum Castro eingesetzt. Die Kirche gewährte ihnen gern Kredit. Sie hoffte darauf, dass die Schulden nicht pünktlich bezahlt würden, und sie sich am Herzogtum schadlos halten könnte. Und wirklich, die Fälligkeiten wurden nicht eingehalten. Urban VIII Barberini hob 10 000 Mann aus und machte sich zur Eroberung der Besitzungen in Castro auf, als Odoardo sich weigerte, den Vertrag zu unterzeichnen. Nach der Besetzung des Herzogtums Castro zogen die päpstlichen Truppen gegen Parma. Sie waren um 10 000 Mann verstärkt. Venedig, Modena und die Toskana, die gemeinsam ein ansehnliches Heer stellten, eilten den Farnese zu Hilfe. Odoardo, im Kommando über nur 3000 Reiter, zerstreute, wenn auch nur kurzzeitig, mit viel Glück die 20 000 päpstlichen Soldaten. Der Krieg nahm in der Folgezeit ziemliche Ausmaße an und ruinierte die Staatskassen aller Beteiligten. Der französische König mischte sich 1644 als Vermittler ein. Er drängte die Kirche, Castro den Farnese zurück zu geben. Im selben Jahr starb Urban VIII und wurde von Innozenz X Panphili abgelöst. 1646 war auch Odoardo nicht mehr am Leben. Sein sechzehnjährigen Sohn Ranuccio II trat ein Erbe an, das aus mehr Schulden als Land bestand.

Die Zerstörung von Castro

(1649)

Es scheint, dass der junge Herzog sich darauf eingestellt hatte, sich von Castro zu trennen, um die Rechnung mit der Camera Apostolica zu begleichen. Dann trat aber eine Meinungsverschiedenheit über die Ernennung des Bischofs von Castro auf. Der von der Kirche Vorgeschlagene wurde 1649 in einem Hinterhalt getötet, während er unterwegs war, um seinen Bischofssitz einzunehmen. Innozenz X schickte daraufhin ein Heer los, um Castro zu erobern. Ein anderes marschierte gegen Parma. Es sollte die Ranuccio zu Hilfe Eilenden aufhalten. Die wurden auch nahe Bologna besiegt. Frankreich, Spanien und die italienische Fürsten hüteten sich sehr, sich zu Gunsten der Farnese einzumischen, wie sie es einige Jahre zuvor getan hatten. Castro, bar jeder Hoffnung auf Hilfe und von der Belagerung erschöpft bis zum letzten, ergab sich 1649 dem Heer des Papstes Panphili.

Der gewaltsamste Religionskrieg war 1618 in Europa ausgebrochen. Es war der ``Dreißigjährige Krieg``, der Millionen von Opfern verursachte hatte. Dieser Krieg wurde 1648 mit dem Westfälischen Frieden beendet, in dem die Kirche große Gebiete ihrer Macht in Europa einbüßte. Vielleicht wurde die besondere Wut auf Castro durch diesen Verlust beeinflusst, aber, nach Meinung der Geschichtsschreiber, handelte es sich eher um eine persönliche Fehde zwischen den Familien Farnese und Panphili. Innozenz X sei beeinflusst gewesen von Verwandten, besonders von seiner Schwägerin, Donna Olimpia Maidalchini, einer habsüchtigen und intriganten Frau, die abgrundtiefen Widerwillen gegen die farnesischen Gegner hegte. Sie sei es gewesen, die verlangt habe, dass Castro vom Gesicht der Erde verschwinde.

Ihr wahnsinniger und erbarmungsloser Wunsch wurde bis in die letzte Konsequenz ausgeführt. Innozenz X befahl die Zerstörung Castros, obwohl es Eigentum der Kirche war. Mehr als tausend Mann überfielen die Strassen und Häuser mit Spitzhacken, Schaufeln und Schubkarren, um alles in kleinste Stücke zu schlagen, damit es unmöglich sein sollte, davon irgendetwas wieder zu verwenden.

Auf dem Schutt wurde ein Marmorstein errichtet mit der Inschrift `` Hier war Castro``.

Die Farnese starben 1731 aus, das Herzogtum Parma kam an Karl von Bourbon, der später König von Beiden Sizilien wurde. Viele Kunstwerke, die den Farnese gehörten, sind heute im Königspalast von Neapel ausgestellt.

Mit der Zerstörung von Castro endet unsere kurze Geschichte von Tuszien.

Nachfolgende Ereignisse

Napoleon setzte1809 der imperialen Macht der Habsburger und der weltlichen Macht der Päpste ein Ende. Diese wurden im Wiener Kongress 1815 wieder hergestellt.

Im Jahr 1870 marschierte das Heer der Savoyer in Rom ein und beendete endgültig die weltliche Macht des Papsttums. Rom wurde die Hauptstadt Italiens.